Kinderkrankheiten
In den USA verwenden 36 Prozent aller Planungsbüros bereits Building Information Modeling. Europa zieht nun nach – langsam. Die am Markt vorhandenen Lösungen machen noch nicht alle Planer glücklich.
„Wir beschäftigen uns bereits seit eineinhalb, zwei Jahren mit BIM“, erzählt Wolfgang Poppe, Geschäftsführer Vasko & Partner, und fährt fort: „Tatsache ist: Es gibt kein funktionierendes BIM.“ Ein hartes Urteil. Auf der Suche nach dem idealen Programm habe man alle relevanten am Markt befindlichen Programme angesehen und evaluiert. „Wir haben wirklich lange gesucht – aber ein BIM, das alle Disziplinen abdeckt, das gibt es derzeit noch nicht.“ Einzellösungen sehr wohl.
Individuelle Lösung gestrickt
Aus diesem Grund ging Poppe mit seinem Team einen anderen Weg. „Wir haben die jeweils – aus unserer Sicht – besten Einzelprogramme gekauft und uns die Verknüpfung selbst programmiert. BIM-Box heißt das Wunderding, das den Datenaustausch über eigene Schnittstellen sicherstellt. Die angebotenen Schnittstellen funktionieren nicht. Das ist ein den Softwareherstellern schon seit Langem bekanntes Problem. Sie fangen jetzt langsam an zu reagieren. Wir haben mit der BIM-Box Pionierarbeit übernommen.“
Sanierung bräuchte Daten
„BIM ist ein sehr komplexes Thema. Es gibt kein Standardprogramm – alle haben Stärken und Schwächen“, bestätigt Architekt Gerhard Fritz vom Militärischen Immobilienmanagement. Anders als Poppe, der auch Vorteile beim Einsatz von BIM bei der Sanierung von Bestandsobjekten sieht, ortet Fritz hier eine Schwachstelle. Das große Manko bei Sanierungen sei die vorhandene Datenlage. „Da muss teuer nachvermessen werden. Bleibt die Frage, ob die nachträgliche Datenerfassung nicht teurer kommt als die erzielbaren Einsparungen.“ Bei der Porreal hat die BIM-Zukunft bereits begonnen. Gernot Wagner, Leiter des BIM Competence-Center bei Porr Design & Engineering: „BIM ist in vielen Ländern schon ein großes Thema. Beispielsweise wird im Vereinigten Königreich ab 2016 kein öffentliches Bauvorhaben mehr ohne BIM ausgeschrieben. Auch in Katar und Russland werden wir laufend mit BIM-Konzepten konfrontiert. In Österreich und Deutschland befindet sich BIM dagegen noch in den Startlöchern. Doch ich bin überzeugt davon, dass es auch bei uns in naher Zukunft zum Standard wird.“ Dass sei auch dringend notwendig. „Im Vergleich zu anderen Branchen arbeiten wir noch mit Werkzeugen aus der Steinzeit“, so Poppe. Dass es auch anders geht, würden Maschinenbau und Automobilindustrie schon längst unter Beweis stellen: „Da ist digitale Produktentwicklung State of the Art. Bevor ein Prototyp gebaut wird, hat er seine Funktionsfähigkeit schon in Computermodellen unter Beweis gestellt.“
Weniger Kosten, ein Haufen Daten
Der von den Softwareentwicklern eingeschlagene Weg sei schon richtig, so Poppe. Mit BIM könne man in der Planung eine deutlich höhere Qualität als bisher erreichen. Der Haken dabei: „Früher gab es einen Grobplan, der immer detaillierter wurde. Mit BIM entfallen diese. Das hilft Kosten sparen. Dafür muss man von Anfang an eine Menge Daten eingeben und viel genauer vorgehen. Das bedeutet höhere Kosten. So weit unter Umständen ein Nullsummenspiel. Da aber die weitere Planung auf exakteren Daten basiert, können in den weiteren Projektschritten Probleme rechtzeitig erkannt werden, die bei der herkömmlichen Planung erst viel später bedacht werden. „Analyse-Tools führen automatisch Kollisionsprüfungen durch. Beispielsweise kann das Programm selbsttätig eruieren, ob die Fluchtwege den gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Länge entsprechen. Ebenso können nun Raumlisten, Türlisten, Fensterlisten und vieles mehr auf Knopfdruck generiert werden. Das hilft Zeit und Kosten sparen“, so Fritz und Poppe unisono.
Immer aktuell
Ein weiterer Vorteil: Mit Building Information Modeling ist der Plan immer konsistent und up to date – egal, wo gerade eine Modifikation erfolgt: Ob im Modell, in der Zeichnung oder Bauteilliste, in Visualisierung, Schnitt oder Grundriss – jede Änderung wird automatisch nachgeführt. Das Modell ist immer am neuesten Stand.