Reinigung 2.0

Trend Digitalisierte Services

Wie Gebäudereinigung und Digitalisierung zusammenpassen, das zeigen Greenbird und AR-Check. Ergebnis: mehr Transparenz, bessere Ergebnisse, Kostenersparnis und verständliche Anweisungen für die Ausführenden.

Die Datenbrille als Chef

Der Mann stammelt nervös. Ungewohnt für einen aus der Digitalisierung, für ­Typen, die in fünf Minuten Millionen haben wollen. Egal, die Idee, die Martin ­Cudzilo auf dem FM-Winterkongress auf der FH Kufstein von seinen Karten abliest, ist stark. Sie heißt AR-Check und ver­bindet Augmented Reality mit dem Internet of Things und könnte Gebäude­dienstleistungen massiv verändern, indem auf einer Datenbrille Informationen für die ausführende Arbeitskraft eingeblendet werden: Was ist wo und in welcher Reihenfolge zu tun? Das Reinigungspersonal sieht somit über ­Augmented Reality, welche Bereiche noch nicht gesaugt wurden – diese werden rot angezeigt. Auch Informationen über die zu verwendenden Reinigungs­materialien, die vorgesehenen Arbeitsschritte und andere Hilfestellungen bekommt der Brillenträger meist in seiner Mutter­sprache eingeblendet. Laut Cudzilo könne mit dem System sogar völlig unqualifiziertes Personal unverzüglich in ­Experten verwandelt werden, verspricht die ­Website – was dann doch recht verkäuferisch ist. Wie auch immer, die Idee wird nun im Rahmen eines Prototyps umgesetzt und ist bei der Reinigung freilich erst dann ­effektiv, wenn die Daten­brillen erschwinglich sein werden. Für die Wartung von komplexeren Dingen sehen Experten in Augmentierten Räumen viel Potenzial. Digitale Handbücher würden die – oft ziegelschweren – gedruckten Handbücher ersetzen, meinte Didier Stricker, Leiter des Forschungsbereichs Erweiterte ­Realität des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), schon 2014: Via Datenbrille werden passgenaue Hinweise auf den nächsten Handgriff ins Sichtfeld des Servicetechnikers geblendet. Anstehende Aufgaben würden so, rechnete Stricker vor, bis zu 40 Prozent schneller erledigt, die Fehleranfälligkeit sinke. Auch dieses System arbeitet mit Sensoren, die sich allerdings in den Reinigungsgeräten (Staubsauger, Wischmopp, etc.) oder in den Handschuhen (für Reinigung mit Wischtüchern, ­Bürsten, Schwamm etc.) befinden. „Bei der Ausführung der Reinigung registrieren die Sensoren nicht nur, ob das Reinigungs­gerät die zu reinigende Oberfläche berührt und eingeschaltet ist (Beispiel Staubsauger), sondern sie erkennen auch, ob der erforderliche Mindestanpressdruck (Schwellenwert) besteht, der für eine effektive Reinigung erforderlich ist“, heißt es bei dem Anbieter. Klar, dass auch hier sämtliche Vorgänge wunderbar dokumentiert werden können und so zu mehr Transparenz führen. https://ar-check.com


Reinigen, wie und wo es sinnvoll ist

Pflanze in Raum A umgefallen, Teilreinigung in Raum B, Geschirr in die Küche bringen. Das Tablet sagt an, was zu tun ist – in der Muttersprache der Reinigungskraft.

Der Berater ist für drei Monate auf einem Projekt in Frankfurt, sein Büro in Graz steht leer. Warum wird es wöchentlich zwei Mal gereinigt? „Viele Räume werden aufgrund von Urlaub, Krankenstand oder Außerhausterminen tageweise bzw. wochen­weise gar nicht verwendet“, sagt Harald Peterka, der diese Beobachtung zum Fundament seines Geschäftsmodells gemacht hat. Durchschnittlich 56 Tage im Jahr seien Mitarbeiter nicht in ihrem Büro, so eine Statistik. „Unser systemischer, ­digitalisierter Ansatz beruht darauf, grundsätzlich nur jene Flächen zu reinigen, welche auch tatsächlich genutzt und somit verschmutzt wurden. Die not­wendige Reinigungsintensität wird automatisch ermittelt und ist durch verschiedene Einflussfaktoren geprägt – zum Beispiel eben durch die Nutzungs­intensität, aber auch das Wetter oder den Jahreszeiteneinfluss.“ Danach bekommt die Reinigungskraft ein individuelles Reinigungs­programm auf ein Tablet gespielt. Es enthält den Reinigungs­plan, Leistungsverzeichnisse, einen Gebäudeplan, Sicherheits­unterweisungen und auch Anwendungstechniken – und das alles in der Muttersprache der ­Ausführenden. Aber woher weiß das System namens Cleanbird, wer wann anwesend ist? Das wird über eigens entwickelte und laut Peterka in Österreich gefertigte Sensoren gemessen. Die kleinen Dinger erfassen die Frequenz des Personenverkehrs, Wettersensoren die Temperatur und Feuchtigkeit. Hinzu kommen raumweise Daten zu CO2 und Licht als auch Informationen aus den Personenerfassungssystemen (Zutrittsysteme). Die Datenübertragung der batteriebetriebenen Funksensoren erfolgt mithilfe des LoRa-Wan Standards (Internet der ­Dinge), damit werden Reichweiten von über drei Kilometer innerhalb eines Gebäudes und Batteriehaltedauern von zirka zehn Jahren erreicht. Und was passiert mit den Daten? Die werden dem Cleanbird-Server übergeben, und mittels patentiertem Algorithmus entsteht die auto­matisierte Reinigungsplanung. ­Individuelle Wünsche können zudem extra via App oder einem Orderbutton hinzubestellt werden – d. h. der Kunde hat die Möglichkeit, Reinigungsleistungen für spezifische Räume auch anlass­bezogen zu bestellen. „Für Räume, die über längere Perioden keine Reinigung erhalten haben, stellen wir mittels Basishygiene sicher, dass ein definierter Mindestsauber­keitsgrad nicht unterschritten wird“, erzählt Peterka. Fazit: Mit der grundsätzlichen Idee und der digitalen Unterstützung eröffnen sich neue Möglichkeiten. Das ­Ergebnis ist vollkommene Transparenz der ­Leistungen, nachvollziehbare Kosten­optimierung, die Versorgung jeder Fläche mit jener Leistungs­qualität, die sich aus der jeweiligen Nutzungsintensität ergibt, und: besseres Handling des Personals. https://cleanbird.fm

 

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