Es werde Kunst!

Kunst am Bau darf keine Dekoration sein. Sie sollte einen Mehrwert für die Immobilie schaffen. Dazu müssen Developer, Architekten und Künstler rechtzeitig zusammenarbeiten, fordert der Künstler Friedrich Biedermann im Interview.

Friedrich Biedermann

Friedrich Biedermann

 

Bei Kunst am Bau denkt man rasch an unnütze Skulpturen, die im Weg rumstehen. Was läuft da schief?

Biedermann: Dem stimme ich vollkommen zu, ich bin allzu oft von der Qualität und der Lieblosigkeit der Umsetzung ­dieser Kunstinterventionen irritiert. Da fragt man sich: Was soll das Ganze?

Wie kommt es dazu?

Da gibt es mehrere Gründe. Zum einen stoßen die KünstlerInnen erst sehr spät zu einem Bauprojekt hinzu. Kunst wird dann quasi als Teil der Möblierung abgehandelt. Dabei sollte sie ja im Einklang mit der Architektur entstehen. Gute Kunst am Bau tritt in den Dialog mit dem Ort und besitzt die Kraft, genau diesem Ort ­einen ästhetischen Mehrwert zu geben. Sie sollte also nicht als Dekoration verstanden werden, sondern als Impulsgeber. Die Verantwortung liegt bei den Architekten und Developern, dies zuzulassen. Bei der Auswahl der Kunst dürfen ruhig Kunst­experten als Qualitätsgaranten hinzu­gezogen werden.

… was nicht immer der Fall ist, oder?

Oft entscheiden Beiräte oder Jurys. Da gibt es natürlich qualitative Unterschiede und Befindlichkeiten. Und ja, leider sind dort meistens auch Personen involviert, die sich in diesem Gebiet nicht sonderlich gut auskennen. Da kann es schon einmal passieren, dass ein Bürgermeister seinen Freund malen lässt.

Kann es nicht auch sein, dass bei verpflichtenden Kunstwerken das Thema einfach so schnell wie möglich abgehakt wird?

Für öffentliche Bauten gibt es die 1-Prozent-Regelung: 1 Prozent der Bau­summe muss für Kunst am Bau verwendet ­werden, das ist vorgeschrieben. Die Qualität dieser Kunst ist in den letzten Jahren eigentlich recht hoch, das hat also nichts mit der Verpflichtung zu Kunst am Bau zu tun. Ich bemerke eine andere Tendenz: Immer häufiger verwenden Architekten besagtes Budget für ­Materialien oder spezielle Leuchten. Ich verstehe natürlich die Not dahinter, der Architekt wird ja immer mehr zum Ausführenden und braucht dann auch ein Pouvoir für kreative Lösungen. Dennoch ist das eine Prozent für Künstler gedacht. Man sollte keine Angst haben, sich damit auseinanderzusetzen.

Über den Künstler
Friedrich Biedermann ist 1975 in Tirol geboren und studierte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, wo er bis 2008 auch unterrichtete. Biedermann lebt und arbeitet seit 2002 in seinem Atelier im 3. Wiener Gemeindebezirk, 2015 gründete er gemeinsam mit Andrea Graser Studio Okular, das sich als Schnittstelle von Architektur, Kunst und Licht versteht. Biedermann wird von der Galerie Lisa Kandlhofer vertreten.
www.friedrichbiedermann.com

Kann Kunst auch zum Projekt selbst etwas beitragen – wie arbeiten Künstler mit Developern und Architekten bestenfalls zusammen?

Grundsätzlich wissen wir seit der Renaissance, was Kunst am Bau kann. Aktuell halte ich etwa den UNIQA-Tower mit seiner Medienfassade oder das Wiener Sofitel, in dem die ganze Decke von einer Schweizer Künstlerin gestaltet wurde, für großartige Beispiele, die zeigen, wie Kunst mit dem Objekt verschmelzen kann. Für diesen Mehrwert ist die Auseinandersetzung mit dem Bauherrn und dem Architekten sehr wichtig, um nicht das Kunstwerk getrennt vom Gebäude zu sehen. Es soll ein ideenreicher Dialog entstehen. Damit vermeidet man übrigens auch Komplikationen und minimiert schon im Vorfeld die Folgekosten – das gilt hier genauso wie für die klassische Gebäudeplanung.

Der Künstler denkt betriebswirtschaftlich?

Naja, er muss den Kontext schon mitdenken, vor allem bei dauerhaften Installationen. Die Wartung etwa, oder wenn es um Haftungsfragen und um Gewährleistung geht – oft sind da ja viele verschiedene ausführende Firmen beteiligt, von Schlossern, Fassadenbauern angefangen bis zu Magistratsabteilungen bzw. der Baubehörde. Da geht es schon ans Eingemachte. Nach allen meinen Projekten habe ich mittlerweile einen Firmenstammbaum, bei dem jeder genau weiß, was auf sie zukommt, wenn ich anrufe. Bei temporären Projekten ist es einfacher, da diese nicht dauerhaft vor Ort sind, da herrschen andere Gesetzmäßigkeiten.

Sie arbeiten viel mit Licht – warum?

Licht hilft uns, unsere Umwelt zu begreifen, zu untersuchen und Erinnerungen zu speichern. Seit der Renaissance fasziniert es Maler, Bildhauer und Fotografen. Mich interessiert Licht vor allem als Material, das Licht als Gestalter von Wahrnehmungsräumen.

 

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