Die Zukunft Wiens
Das hier geht raus an alle Menschen. Zumindest an alle, die in einer Stadt wohnen. Es geht um deren Zukunft. Es geht um die Weiterentwicklung der Stadt, was bei zwei Millionen Menschen einigermaßen kompliziert ist. Ein Überblick, wie Stadtentwicklung in Wien funktioniert und welche Auswirkungen sie auf Immobilien hat.
Bei der Stadtentwicklung reden viele Menschen mit – von der Architektur bis zur Flächennutzung und Flächenwidmung: Stadtentwickler, der Stadtgestaltung, Stadtplanung, Stadtteilplanung und, nicht zu vergessen, die Politik. In Wien gibt es sogenannte Zielgebiete, die im „Step 2025“ definiert wurden, und die später zu Stadtentwicklungsgebieten werden (sollen). Der Step, der Stadtentwicklungsplan, gibt die Richtung vor. Zehn Jahre Zielgebietsmanagement zeigen heute die Entwicklung in den Zielgebieten, wie beispielsweise die Aufwertung des Donaukanals als Freizeit- und Naherholungsraum oder die Entwicklung entlang der U2-Achse in der Leopoldstadt. Lässige Gegenden, kann man heute getrost feststellen. Stellt sich die Frage, was ein Zielgebiet werden kann? Kurzantwort: Gegenden, die eine gesamtstädtische Bedeutung besitzen und in denen ein hohes Entwicklungspotenzial gesehen wird. Neben der Stadt(regierung) mischen sich in den letzten Jahren auch immer mehr privatwirtschaftliche Unternehmen in die Stadtentwicklung ein. Das hat durchaus positive Aspekte, denn dadurch können neue Stadtteilzentren entstehen, die „vernetzt“ oder ganzheitlich entwickelt werden – immer in enger Zusammenarbeit mit der (politischen) Stadtplanung. Vor Kurzem meldete etwa die RE/MAX Commercial Group ihr Interesse an, österreichische Städte beraten zu wollen und so die Innenstädte beleben zu helfen. Ein paar Dimensionen größer ist Drees & Sommer unterwegs, das weltweit aktive Beratungshaus hat sich „Blue City“ auf die Fahnen geheftet und berät etwa bei dem städtebaulichen Entwicklungsprojekt Maidar EcoCity+ mit 42 Quadratkilometern für 290.000 Einwohner in der Mongolei. Der Plan umfasst die Errichtung der neuen Stadt an einem Standort mit optimaler Infrastruktur gemäß den höchsten europäischen Standards und Aspekten der Nachhaltigkeit. Aber auch Immobiliendeveloper selbst nutzen die Gelegenheit, ganze Areale zu entwickeln. 6B47 hat vor Kurzem etwa verkündet, den fürchterlichen Koloss „Althan“ in Wien zu einem richtig lebenswerten Stadtviertel umbauen zu wollen. Die Mitte der Überplattung des Franz-Josefs-Bahnhofs wird freigeräumt, hier soll ein Hochpark, ähnlich der New Yorker Highline, entstehen, die Gebäude wandern an die Seiten des Areals und nach vorne (Julius-Tandler-Platz). Solche Projekte lassen sich nicht realisieren, wenn man einzelne Häuser baut oder saniert. Weiteres Beispiel gefällig? Viertel Zwei gilt wohl bei allen als Erfolgsprojekt, und auch bei der Prisma-Gruppe kennt man die Herangehensweisen an das Thema, weil sie in mehreren (Bundes-)Ländern Quartiere entwickelt.
verantwortet die strategische Gesamtsteuerung.
Schnell Wohnraum schaffen
Im Zentrum jeder Stadtplanung steht natürlich der Wohnraum. Die Stadt Wien versucht mit der Wohnbau-Offensive eine deutliche Steigerung des Neubauvolumens zu erreichen. Wie genau das gehen soll? Mit Maßnahmen zur Optimierung, Beschleunigung und Steigerung der Effizienz in den Planungs- und Entwicklungsschritten, auf gut deutsch sollen die Verfahren von der Konzeption bis zur Schlüsselübergabe deutlich verkürzt werden. Dazu zählen die Verschränkung von Flächenwidmungs- und Bauträgerwettbewerbsverfahren, wie bei jenem für die Obere Augartenstraße und die Mühlgrundgasse mit rund 150 geförderten Wohneinheiten. Der Bauträgerwettbewerb zum Kapellenweg in der Donaustadt, wo 450 geförderte Wohnungen entstehen, wurde beispielsweise in Rekordzeit von nur vier Monaten abgewickelt. „Mit dieser Reihe an Maßnahmen möchte ich erreichen, dass geförderte Wohnungen den Wohnungssuchenden um bis zu einem halben Jahr früher angeboten werden können. Die Abschaffung des Wohnbauförderungsbeirats verkürzt die Verfahren um bis zu zwei Monate und ist daher ein weiterer wichtiger Baustein, dass geförderte, kostengünstige Wohnungen den Menschen früher zur Verfügung stehen“, so Michael Ludwig, Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung. Die Stadt hält weiterhin an gebauter Qualität nach dem Vier-Säulen-Prinzip fest: Soziale Nachhaltigkeit, Qualität der Architektur, Ökonomie und Ökologie. Die Projekte werden jeweils vom Expertengremium im Grundstücksbeirat und der Bauträgerwettbewerbsjury beurteilt.
Wie wird eine Stadt dichter?
Sicher, man könnte einfach ein bisschen Bestand abreißen und dann Hochhäuser wie in Hongkong gen Himmel jagen. Aber das wäre nicht Wien. Die „sanfte Stadterneuerung“ ist Teil der strategischen Ausrichtung gemäß den dafür erstellten Stadtentwicklungsplänen. Dass gerade in der Stadtplanung Flexibilität angesagt ist, zeigt die jüngste Initiative der Stadt. Ludwig präsentierte neue Sanierungszielgebiete: „Dieser Plan weicht heute signifikant von jenen vor 25 oder auch zehn Jahren ab. Denn nach Jahrzehnten, in denen mittels sanfter Stadterneuerung Wohngebäude mit rund 337.000 Wohnungen sowie ganze Grätzel aufgewertet wurden, richtet sich der Fokus immer stärker auf kleinere Gebiete.“ Im Fokus stehen 18 Bezirke, größere, zusammenhängende Gebiete gibt es unter anderem im Bereich des Stuwerviertels im 2. Bezirk, der Davidgasse im 10. Bezirk, der Oberen Mariahilfer Straße im 15. Bezirk, der Klosterneuburger Straße im 20. Bezirk oder der Brünner Straße im 21. Bezirk. „Dieses maßgeschneiderte Stadterneuerungsprogramm wird mit zusätzlichen Fördermöglichkeiten unterstützt. Dazu zählen vor allem höhere Förderungen für die Schaffung von neuem und leistbarem Wohnraum in Form von Zubauten und Dachgeschossausbauten. Darüber hinaus werden alle Projekte in diesen Gebieten vorgereiht und können damit rascher realisiert werden“, so Ludwig. Auch Private sollen, nach Einhaltung der Qualitätskriterien und sozial verträglicher Mietobergrenzen, attraktive finanzielle Anreize zum Sanieren erhalten.
Kreative Knochenarbeit
Trendig ist es für eine Stadt, „smart“ zu sein. Was zur Hölle heißt das? Wien-Planungsdirektor Thomas Madreiter hat da einen pragmatischen Zugang: „Intelligent ist, was das Leben einfacher macht“, verweist Madreiter so manche technologische Utopie einer digitalen Stadt auf die hinteren Ränge. Es geht um den Nutzen. „Smart City bezeichnet eine Stadt, in der systematisch modernste Informations- und Kommunikationstechnologien, ressourcenschonende Technologien sowie sozialwissenschaftliche Methoden eingesetzt werden, um den Weg zu einer postfossilen Gesellschaft zu beschreiten und den Verbrauch von Ressourcen zu verringern. Das Ziel: die Lebensqualität der Bürger und die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Wirtschaft dauerhaft zu erhöhen und somit die Zukunftsfähigkeit der Stadt zu verbessern.“ Madreiter verfolgt als Raumplaner eine starke Durchmischung für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Smart ist kompakt, lautet einer seiner Grundsätze, der eine Expansion der österreichischen Hauptstadt möglich machen soll.
vor der Frage: Wie gestalten wir das Leben in unserer Stadt zukünftig so, dass diese Qualität aufrecht- erhalten bleibt? Das hat viel mit räumlich-strategischer Planung zu tun.“
Stadtentwicklung und Stadtplanung
Think Tank der Stadt
Andreas Trisko ist Leiter der Stadtentwicklung und Stadtplanung, MA 18, er bezeichnet die Planung einer Stadt als kreative Knochenarbeit: „Wien hat eine ausgezeichnete Lebensqualität, und Wien wächst. Wir stehen vor der Frage: Wie gestalten wir das Leben in unserer Stadt zukünftig so, dass diese Qualität aufrechterhalten bleibt? Das hat viel mit räumlich-strategischer Planung zu tun.“ Die MA 18 setzt keine konkreten Projekte um, sie denkt eine Ebene höher: „Wo machen Projekte Sinn, wo wäre eine U-Bahn sinnvoll? Die MA 18 ist so gesehen ein großer ‚Think Tank‘, eine Denkfabrik“, so Trisko. Sobald ein Einverständnis aller Interessengruppen besteht, ist die Aufgabe eines Zielgebietsmanagements erfüllt. Der Gemeinderat trifft dann jeweils über den Weiterbestand oder die Adaptierung einzelner Zielgebiete beziehungsweise künftiger Zielgebiete die Entscheidung.
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