Immer in Bewegung bleiben
Ein Techno-Club-Betreiber als Immobilienentwickler bringt neue Ideen mit: Am Holzmarkt in Berlin entsteht ein sprudelndes Quartier, das sich stetig verändern will. Der Kern aus Beton bleibt gleich, die Anbauten aus Holz verändern sich mit den Bedürfnissen. Hier findet Innovation statt.
Aus dem Projekt „Mediaspree“ wurde nix: Futuristische Bürogebäude für Medienunternehmen hätten am Ufer des Flusses in Berlin-Friedrichshain entstehen sollen. 87 Prozent der Bevölkerung sprachen sich 2008 gegen diese Bebauung aus und unterstützten die Initiative „Spreeufer für alle“. Für mehr als 10 Millionen Euro hat dann die Schweizer Pensionskasse Stiftung Abendrot in einem Bieterverfahren das Grundstück erworben, die Holzmarkt-Genossenschaft übernimmt einen Teil des Grundstücks in Erbpacht. Und jetzt entsteht ein quirliges Mischmasch-Quartier, wie es noch nie da war.
Schnell Holzschuppen gezimmert
Das Dorf ist das Zentrum des Holzmarkts, ein lebendiger Ort, der einem Marktplatz gleicht, wo Arbeiten und Freizeit neben- und miteinander möglich sind. Um hier die Nutzervielfalt und den für dieses Projekt so wichtigen Wandel zu fördern, werden nur befristete Pachtverträge vergeben. Diese sollen den Holzmarkt in Bewegung halten und somit immer wieder Platz für neue und junge Talente schaffen. Ein Club und ein Restaurant machen das Dorf komplett. Das Restaurant ist vollständig in das Terrain eingesenkt, sein Dach dient als öffentliche Grünfläche, Aussichtspunkt und Teil des Uferwanderwegs. Auch die gesamte Erdgeschosszone des Holzmarkt-Dorfes mit Cafés, Kultureinrichtungen, Versammlungsräumen, Geschäften, Kindergärten etc. ist öffentlich zugänglich – solange man ohne Auto unterwegs ist.
„Wir erzeugen ein Spannungsfeld zwischen moderner Architektur und einem Holzmarkt im Sinne des Wortes“, heißt es seitens der Holzmarkt-Genossenschaft über das Gelände mit insgesamt 18.000 Quadratmetern. Um schnell Einnahmen für die Erbpacht und die anfallenden Investitionen zu erzielen, wurden ganz im Stil der hier ehemals ansässigen, legendären Bar 25 Holzschuppen gezimmert, um das Gelände vorübergehend zu bespielen: ein Club, ein Restaurant und die sogenannte Pampa, ein buntes Freigelände mit Strandbar, Verkaufsbuden, Spielplatz und Hochbeeten für den Gemüseanbau, wurden angesiedelt. Wer das Gelände betritt, ist mit sofortiger Wirkung in einer anderen Welt. Nach und nach sollen die provisorischen Bauten in solide Architektur umgewandelt werden.
Flexibel bleiben, Kreativität fördern
Die ersten Bauten, sogenannte „Hallen“, sind vier locker an der Holzmarktstraße aufgereihte Baukörper aus Beton, die als Werkstatt, Multifunktionshalle oder als Proberaum von Künstlern und Musikern genutzt werden können. Diese Hallen werden sukzessive durch die „Hütten“, kleinteilige Gewerbeeinheiten aus Holz, ergänzt. Der Leitgedanke dieses Raumkonzepts ist die Entwicklung einer baulich-konstruktiven und räumlichen Struktur, die durch An-, Um- und Weiterbaubarkeit langfristig flexibel bleibt und einem ständigen Wandel unterliegt. Dadurch wollen die Initiatoren den Erhalt des kreativen Freiraums gewährleisten.
Mehr Grünfläche für alle
Wo es keine Autos gibt, bleibt mehr Platz für Grünfläche. Ein öffentlicher Park wird von Bürgern gemeinsam mit der Genossenschaft geplant und errichtet: Der sogenannte „Mörchenpark“ mit Gemüse- und Schulgärten ist auf der westlichen Seite des Holzmarkt-Areals angesiedelt. Die Dächer der Dorfbauten werden für Hochbeete, Fischzucht und urbanes Gärtnern genutzt. Diese Art von Grünfläche soll auch auf dem Dach des „Eckwerks“ entstehen, einem 10- bis 12-geschossigen Technologiezentrum für Studenten, Forscher und junge Unternehmer (siehe Kasten „Eckwerk & Hotel“).
Die Bar als Vorbild
Bis 2017 sollen alle Bauvorhaben umgesetzt werden, wobei es keinen fixen Fertigstellungstermin geben wird. Denn alle Bereiche des Holzmarkts sollen, ganz dem Grundgedanken des Projekts entsprechend, einem stetigen Wandel unterliegen: Räume, Bauten und Konfigurationen sollen sich laufend verändern, damit sich das Quartier auf diese Weise immer wieder neu erfinden kann. Dabei kann es natürlich auch laut, schrill, aber auch feucht und fröhlich zugehen, wie schon früher in diesem Bereich: Die Bar 25 war nämlich ein international bekannter Techno-Club. Sie wurde aber im Herbst 2010 geschlossen. Seit dem Sommer 2013 wird jetzt am Spreeufer nicht mehr nur gefeiert, sondern auch gearbeitet, gewohnt, gekocht, gelernt und vor allem gewerkt. Irgendwie lebt die Bar 25 so immer noch weiter. Der Holzmarkt ist im Entstehen: „Dort, wo heute noch die Narbe zwischen Ost und West sichtbar ist, soll ein lebendiger Kiez entstehen, der Friedrichshain, Kreuzberg und Mitte verbindet“, heißt es in der Konzeptbroschüre. Die aus verschiedenen Holzteilen zusammengezimmerte Bar 25 dient als Vorbild für diesen neuen Stadtteil.
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